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Freizeit & Tourismus aktuell
Kunstsammlung Heinrich
Salomé: Sumo-Ringer, 1982, Mischtechnik auf Leinwand, Dyptichon 190 x 320 cm
Die Öffentlichkeit ist voll von weiblichen Körpern. Vor allem weibliche Halbnacktheit ist alltäglich und heizt in der Werbung Kaufimpulse an. Dagegen gibt es kaum Bilder von nackten Männern, auf denen Nacktheit etwas erzählt, ein Ausdruck ist von Intimität, von Verletzlichkeit oder von Schönheit. Schwule waren es, die den Penis in die Motivgeschichte der Kunst aufnahmen, wo er lange gefehlt hatte. Salomés Männerbilder gehören heute zur homosexuellen Ikonografie. Die Freigeistigkeit, durch die zum Beispiel Wolfgang Tillmans zu einem fotografischen Chronisten der schwulen Subkultur der 1990er Jahre werden konnte, wurde wesentlich vorbereitet durch die Kunstimpulse, die bereits Ende der 1970er Jahre von jenen Männern des Clubbing, Drugs and Rock ’n’ Roll ausgingen, die eine kollektiv betriebene Selbsthilfegalerie am West-Berliner Moritzplatz aufgemacht hatten – die Maler Salomé (mit bürgerlichem Namen Wolfgang Ludwig Cihlarz), Rainer Fetting und der in Berlin lebende Schweizer Luciano Castelli. Ihre Freundschaften (und Feindschaften) waren legendär. Es war eine Zeit, in der männliche/weibliche Rollenmodelle und heterosexuelle Normen infrage gestellt wurden. Das Künstlertrio trat aktiv handelnd, aktionistisch und in immer neuen ästhetischen Sublimierungstechniken in die Öffentlichkeit. Performances, Konzerte, Filme und die Malerei waren ihre bevorzugten Felder der Kreativität.
Salomés Losung „Ich denke nicht an morgen, ich lebe jetzt …“ gab die Richtung vor.
Sie lebten in dem Bewusstsein, dass es zu ihren Privilegien gehörte, das Spontane und das Verfließen in Zeit, Fläche und Raum zu suchen. Diverse Gemeinschaftsbilder entstanden. Geprobt wurde der Abschied aus der Konvention, um das unterdrückte Innere der Kunst nach außen zu kehren, triebhaft, wagemutig, heftig. Diese Künstler agierten traumwandlerisch wie Stadtindianer in heißem Zorn. Salomé ließ Figuren reihenweise ins Bodenlose stürzen, in homoerotischen Paarbeziehungen wiederauferstehen und sich verausgaben. Seine Bilder aus jener Zeit wirkten angstgetrieben, ziellos suchend, wie in einem Schwebezustand schwimmend. Aber zugleich machte genau das dieses faszinierend Unorthodoxe aus, das ihren Rhythmus und das hechelnde Agieren ihrer Protagonisten bestimmte – in der Losgelöstheit von allen Bindungen. In diesen im Farbauftrag leichten Psychogrammen eines Mannes, dem beruhigtes Atmen nicht gegeben war, schlägt sich ein hohes Maß an Leidensfähigkeit nieder, ohne dass das helle bis farbdichte Kolorit davon Kunde gäbe.
(Text: Christoph Tannert, Foto: Eric Tschernow)